„Das Ende der päpstlichen Zweisamkeit…“
… so kommentierte Daniel Deckers von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung den Tod von papa emeritus Benedikt/ Joseph Ratzinger am 31.12.2022.
Ja, da ist etwas definitiv zu Ende gegangen, was mit einem ungewöhnlichen Schritt begonnen hatte: dass nämlich ein Papst zurücktritt und somit erst so etwas wie eine „päpstliche Zweisamkeit“ ermöglicht.
Und das ist sicher auch das, was am deutlichsten in Erinnerung bleibt aus diesem Pontifikat (2005-2013): der Rücktritt.
Aber mir erscheint auch der Anfang dieses Pontifikats erinnerungswürdig zu sein. Die Worte, die der neu gewählte Papst am 19. April 2005 an die erwartungsvolle Gemeinde auf dem Petersplatz gerichtet hat:
„Liebe Brüder und Schwestern, nach dem großen Papst Johannes Paul II. haben die Kardinäle mich gewählt, einen einfachen und demütigen Arbeiter im Weinberg des Herrn. Ich finde Trost darin, daß der Herr umzugehen versteht auch mit unvollkommenen Werkzeugen, und vor allem vertraue ich mich Euren Gebeten an…"
Man hat das oft gedeutet als ungebührliches Understatement: Wie kann sich ein Mann, der eine solche kirchliche Karriere gemacht hat, als einfachen Arbeiter im Weinberg des Herrn bezeichnen?
Und doch meine ich, dass dies ernst gemeint war. Joseph Ratzinger war immer ein Gelehrter, kein Machtmensch. Die Ämter in der Kirche, die er innehatte, hat er nie von sich aus angestrebt. Sondern versucht, sie nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen – mit allen Kollateralschäden. Sein Lebensmotto war nicht Selbstverwirklichung, sondern: sich in den Dienst des Ganzen, in den Dienst des Evangeliums, in den Dienst der Kirche zu stellen.
Und das ist vielleicht sein Vermächtnis an uns und an eine Gesellschaft, in der es sehr stark darum geht, individuelle Interessen durchzusetzen und Selbstverwirklichung zu betreiben: Es geht immer auch darum, sich in Dienst nehmen zu lassen. Vom Gemeinwohl, vom Evangelium, von den berechtigten Erwartungen anderer. Und manchmal gibt es auch Aufgaben, die nicht so angenehm sind, nicht vergnügungssteuerpflichtig, wo es keinen Preis zu gewinnen gibt. Aber wenn sie nicht getan werden, steht das Ganze auf dem Spiel. Droht der Weinberg zu verwahrlosen.
Insofern dürfen wir froh sein, wenn es immer wieder Menschen gibt, die demütig und großmütig dem Ganzen dienen. Die sich in Dienst nehmen lassen. Dafür muss es nicht das Papstamt sein. Im Weinberg des Herrn sind wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Pfr. Rüdiger Hagens