GdG St. Peter Mönchengladbach-West

Glauben Sie das wirklich?

Wichteltür (c) Monika Peine
Datum:
Fr. 10. Feb. 2023
Von:
Monika Peine

6.30 Uhr: Der Wecker klingelt. Ich überlege, was heute ansteht.

Morgens eine Beerdigung, dann ein Trauerbesuch für die nächste Beerdigung. Nachmittags Weggottesdienst mit den Kommunionkindern dann ein Abendtermin. Am Freitag bin ich dran mit einem Text für „Nachgedacht“ auf unserer Homepage. Am liebsten würde ich mal etwas über das Glaubensbekenntnis schreiben. Zu gern würde ich die Menschen mal fragen, ob Sie das, was wir gemeinsam beten, wirklich glauben. Das trau ich mich nicht, das wäre übergriffig, zumal es mich ja auch nichts angeht.

 

7.00 Uhr: Erstmal einen Kaffee, dann fällt mir sicher etwas Gutes ein.

Ich entscheide mich dafür, das „Apostolische Glaubensbekenntnis“ (GL 3,4) nehmen, denn das fängt mit „Ich glaube“ an. Das kann ich bedenkenlos selber beten, also kann ich dazu auch was schreiben.

Bei dem anderen, dem „Großen Glaubensbekenntnis“, habe ich immer das Problem, dass es mit „Wir glauben“ anfängt. Ich tue mich damit schwer, weil ich nicht wissen kann, ob alle, die mit mir beten genauso dahinter stehen, wie ich. Anders gesagt: Ich bin mir unsicher, ob die versammelte Gruppe ein „Wir“ im Glaubensbekenntnis formulieren kann.

 

7.30 Uhr: Gedankenversunken gucke aus dem Fenster, während ich den viel zu heißen Kaffee schlürfe. Ach herrjemine, es ist alles zugefroren. Ich muss kratzen. Flott packe ich meine Sachen zusammen, ich muss los, damit ich rechtzeitig in der Kirche bin. Alles andere muss jetzt liegen bleiben.

 

9.00 Uhr: Der Gottesdienst beginnt. Schon gleich bei den ersten Sätzen wird deutlich: Niemand antwortet. Naja, die Menschen trauern und kommen nicht so oft her, entschuldige ich sie innerlich. Der Organist spielt laut, er singt über das Mikrofon mit. Wir beide sind die einzigen, die singen. Ja okay, bei Beerdigungen wird eh nie mitgesungen, das ist ja nicht so schlimm, denke ich. Trotzdem kann und möchte ich auf die Musik nicht verzichten.

 

10.15 Uhr: Wir beten, am Grab stehend, das Vaterunser.

Ich müsste mir das mal aufschreiben, denke ich, denn wenn die restliche Gruppe den Text durcheinander bringt, komme ich selber auch in Tüddel.

 

11.00 Uhr: Auf dem Weg zum Hausbesuch fällt mir auf, dass das Credo, genau wie das Vaterunser, mit dem Vater-Bild anfängt. Gott Vater? Es gibt bestimmt Menschen, die mit dem Vater-Bild wenig oder gar nichts anfangen können. Gott Mutter? Bringt einen anderen Aspekt, greift aber für mich auch zu kurz. Alle anderen Ausfaltungen, die Größe Gottes betreffend, würden allerdings das Gebet unangemessen in die Länge ziehen. Hmmmmm, ja gut, dann werde ich wohl akzeptieren müssen, dass alle anderen möglichen Gottes-Aspekte „mit-gemeint“ sind und unsere menschliche Sprache immer zu kurz greift.

 

12.30 Uhr: Auf dem Weg nach Hause merke ich, dass ich noch gar nicht gegessen hab. Außerdem muss ich gleich erstmal meine Mails checken und es stehen noch einige wichtige Telefonate aus. Mit der Umsetzung meiner Idee, für Freitag mal etwas über das Glaubensbekenntnis zu schreiben, könnte es arg knapp werden.

 

12.50 Uhr: Ich steige aus dem Auto. Da kommt mir mein Nachbarskind (5 Jahre) in einem ganz bunten Kostüm entgegen gelaufen. Auf dem Kopf trägt sie eine Krone, in der Hand einen Zauberstab. „Ich werde Karneval Fee!“, ruft sie. Ich muss schmunzeln. Sie sieht einfach bezaubernd aus. Dann sprudelt es aus ihr heraus, ihre Stimme überschlägt sich fast. Sie erzählt von dem Wichtel, der ihr manchmal kleinere Aufgaben gibt. Er wohne seit der Adventszeit bei ihnen zu Hause in der Wand hinter der Eingangstür, erzählt sie aufgeregt und mit roten Wangen. Sie erzählt von dem Zauberwald den ihre Mama auf die Wand gemalt hat, und von der guten Fee, die neuerdings auch dort in der Wand wohnt. „Also hinter der Tür, die auf der Wand ist.“, erklärt sie mir. Und dass sie ganz fest daran glaubt, dass der Feenstaub, den die Fee immer verstäubt, ihr alle Wünsche erfüllen wird, die sie hat.

 

Ach Kind, denke ich, ich wünsche Dir sehr, dass dir diese Phantasie-Welt noch lange erhalten bleibt. Ich befürchte allerdings, dass nicht alle Deine Wünsche in Erfüllung gehen werden. Auch nicht mit Feenstaub.

 

Och, so ein Wichtel oder eine Fee wären für mich auch nicht schlecht, denke ich weiter. Die könnten dann all das für mich erledigen, wozu ich keine Lust habe, wie bügeln oder Fenster putzen; und sie könnten Dinge erledigen, die mir schwer fallen, wie beispielweise Getränke schleppen oder Gardinen aufhängen. Wenn ihnen dann etwas misslänge, hätte ich gute Schuldige und wäre selber fein raus.

 

13.00 Uhr: Ich habe mir flott ein Brot gemacht und sitze am Schreibtisch.

 

Ich glaube an Feenstaub.“, höre ich sie draußen immer wieder rufen.

 

Ich glaube an Gott.“, höre ich mich leise sagen; an den Vater, an die Mutter, an die Größe Gottes. Nicht jeden Tag gleich intensiv und auch nicht jeden Tag in allen Facetten.

Und: Im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, dass es nicht gut für mich ist, wenn wirklich alle Wünsche, die ich habe, in Erfüllung gehen.

Aber Gott ist immer bei mir, dessen bin ich mir sicher.

 

15.00 Uhr Meine Güte, heute ist aber auch wieder was los hier. Jetzt muss ich erstmal los zum Weggottesdienst, danach: Abendtermin; Das mit meinem Text wird dieses Mal richtig knapp, aber egal, jetzt hab ich erstmal andere Dinge vor.

 

Es ist weit nach 22.00 Uhr als ich nach Hause fahre und ich denke an all das, was mir heute widerfahren ist:

 

Wenn Du, liebes Nachbarskind eines Tages den Glauben an den Feenstaub verlierst und in ein Alter kommst, wo alles einen tieferen Sinn ergeben muss: Erhalte Dir deine kleinen Phantasien und steige ab und an mal aus dem Alltag heraus in eine Traumwelt, die Dir niemand nehmen kann.

 

Ich träume derweil weiter von kleinen Helferlein, die mir die ungeliebten Hausfrauentätigkeiten abnehmen und vielleicht habe ich ja tatsächlich irgendwann einmal die Chuzpe, Sie, liebe Leserin/ lieber Leser, zu fragen, ob Sie das wirklich alles glauben, was im Apostolischen Glaubensbekenntnis zusammengefasst ist.

 

Monika Peine

Gemeindereferentin