Mit der Vorbereitung des Weltgebetstags am 3. März beschäftigt, sitze ich über den Texten, die in diesem Jahr Frauen aus Taiwan ausgesucht und geschrieben haben. Im Epheser-Brief heißt es „Ich habe von Eurem Glauben gehört“. Mit Bildern und Texten erfahre ich etwas von dem Leben und Glauben der Frauen am anderen Ende der Welt. „Informiert beten“ ist das alljährliche Motto des Weltgebetstages. In diesem Jahr lässt mich – neben der schwierigen politischen Situation Taiwans als Spielball der Mächte – der Text aus dem Epheser-Brief nicht los.
Da hatte sich in der damaligen Weltstadt Ephesus vor 2000 Jahren eine sehr kleine Gemeinde gebildet, noch kleiner als die christlichen Gruppen in Taiwan. Eine Gemeinschaft mit einer ungeheuren Strahlkraft. So schreibt Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus: „Ich habe von Eurem Glauben und Eurer Liebe gehört.“ Heilig war man, weil man sich wie Heilige behandelt hat.
Unserer Kirche heute fehlen oft Strahlkraft, Heiligkeit und Stärke. Die Zeitungen berichten ehr negativ über Kirche. Die Umstrukturierungen in unserem Bistum machen vielen Angst: „Wird auch unsere Kirche geschlossen werden? Verlieren wir unsere Selbstständigkeit?“ Immer neue Missbrauchsstudien, Kirchenaustritte und ein stetiges Kleiner-Werden unserer Gemeinden nagen an unserem Selbstbewusstsein. Und zuletzt zeigt der Karneval, wie Kirche in der Gesellschaft gesehen wird: Kardinal Wölki, der sich mit beiden Armen an einem einstürzenden Turm des Kölner Domes festhält, um sich so auf einem Wagen durch das Rosenmontagstreiben fahren zu lassen.
Wo sind unsere Kraft und unser Mut geblieben, als Christen und Christinnen in Deutschland Kirche zu leben und zu gestalten, so wie wir sie lieben? So, dass andere uns positiv wahrnehmen und erstaunt aufschauen: „Ich habe von Eurem Glauben und Eurer Liebe gehört: Ach, darum geht es in der Botschaft Jesu!“
Das sind Fragen, die uns auch gut durch die nun begonnene Fastenzeit begleiten können. Nicht umsonst betitelt die evangelische Kirche ihre diesjährige Fastenaktion „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit!“
Paulus, der den Brief an die Gemeinde in Ephesus geschrieben hat, überschüttet die kleine Gemeinschaft mit einem Schwall von Zuneigung und Kraftworten:
„Da auch ich von eurem Glauben im Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört habe, höre ich nicht auf, für euch zu danken, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke: Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welch reiches und herrliches Erbe er für die Heiligen bereithält und wie überwältigend groß die Kraft ist, die sich als Wirkung seiner Macht und Stärke an uns, den Glaubenden, zeigt.“ (Epheser 1,15-19 nach Züricher Bibel)
Damals wie heute tun solche Worte gut: in Ephesus vor 2000 Jahren, in Taiwan am anderen Ende der Welt und hier bei uns in den Gemeinden des Bistums Aachen.
Manuela Thies-Diekamp, Gemeindereferentin